Expertenkommission zur Polizeireform 2015 - ein großer Wurf?

(Foto: © Wilfried Albishausen)

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10.06.2015 - Innenminister Ralf Jäger hatte vor einem Jahr eine Expertenkommission mit den Polizeipräsidenten Hubert Wimber, Münster, Wolfgang Albers, Köln, Landrat Thomas Hendele, Mettmann, und dem Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Weibler eingesetzt, um mit Vorschlägen zu einer Aufgabenkritik dem Personalschwund in der NRW-Polizei aufgrund der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken. Dies allein aus haushalterischen Gründen; sein Kabinettskollege Finanzminister Norbert Walter-Borjans muss sparen. Nicht wenige in Regierung und Parlament fordern mit leider wenig Realitätsbezug regelmäßig, auch beim Personal der Polizei deutliche Einsparungen vorzunehmen. Noch immer glauben B90/Die Grünen, man müsse nur die Polizeibehörden reduzieren, um "mal eben 2000 Beamte einsparen zu können. Innenminister Jäger hatte immer wieder betont, dass die Neueinstellungen in Höhe von 1.600 Anwärtern pro Jahr notwendig seien, um die Polizei NRW funktionsfähig zu halten. Nicht zuletzt vor Personalvertretern im Innenministerium hatte Jäger versichert, dass diese Kommission keine Ergebnisse liefern, sondern lediglich offene Vorschläge machen werde.
Und nur so ist einer der Schlüsselsätze gleich zu Anfang des Berichts zu verstehen:


"Feinteilige Prozessanalysen, die Bemessung von Arbeitsraten oder Ähnliches wurden von ihr nicht verfolgt."

Aber genau das wäre notwendig gewesen, um annähernd zu einer seriösen Beurteilung des tatsächlich erforderlichen Personalbedarfs zu kommen. Eine solche Analyse, die sich mit den Prozessabläufen polizeilicher Aufgaben beschäftigt, wäre bitter nötig. Sie gäbe nicht nur Aufschluss über die tatsächlich vorhandene Arbeitsbelastung in den verschiedenen Direktionen, sondern auch über die notwendige Qualität und Quantität der Aus- und Fortbildung.

Und nicht nur das: Eine solche Analyse brächte wertvolle Hinweise, polizeiliche Aufgaben effizienter zu erledigen und Polizeivollzugsbeamte mit dem Einsatz von Technik und der Unterstützung von Angestellten von in den letzten Jahre geradezu explosionsartig zugenommenen Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Das erst vor kurzem in Betrieb genommene Vorgangsbearbeitungssystem VIVA ist ein erfolgversprechender Schritt in die richtige Richtung. Solange Ermittler immer noch lange Wege fahren müssen, um eine erkennungsdienstliche Behandlungen von Beschuldigten durchzuführen, wird Zeit verschwendet, die uns bei der Aufklärung von Straftaten fehlt und teuer zu stehen kommt. Gleiches gilt für die immer noch antiquierte papiermäßige Zusammenarbeit mit der Justiz.

Die ohnehin in dem Bericht teils sehr "unsicheren" Zahlen bezüglich des tatsächlichen Einspar- oder Freisetzungspotenzials können nicht ohne eine Prozessanalyse betrachtet werden. Das Ausblenden bereits bekannter Belastungen wie "Fußballeinsätze" stellt den Nutzen des Berichtes der Kommission zusätzlich in Frage.

Mehr als durchsichtig sind die Vorschläge zur Verlagerung von Aufgaben auf die Ordnungsbehörden der Kommunen (Ruhestörungen), die es ohnehin schon gibt oder gar in den Bereich der Privatwirtschaft (Aufnahme von Bagatellunfällen im Straßenverkehr). Die Kommission verkennt die oft kritischen Einsatzsituationen, die in beiden Beispielbereichen polizeiliches Handeln erfordern. Nebenbei erwähnt, bedeutet Verlagerung von Aufgaben letztlich auch Verlagerung der Kosten, was die ohnehin finanziell belasteten Kommunen nicht begeistern dürfte. Den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen und der Bürger zu entlasten, ist unseriös.

Das in der Anlage zum Bericht enthaltene "Zentralisierungsmodell" vom Münsteraner Polizeipräsidenten Hubert Wimber ist ein "alter Hut", der arithmetisch regelmäßig als personalsparend präsentiert wird, die Erfahrungen aus Wirtschaft und Verwaltung aber völlig ausblendet. Zentralisierung bedeutet regelmäßig ein "Mehr" an Personal im so genannten Overhead - die Abschaffung des Polizeibereichs bei den Bezirksregierungen als Mittelinstanz haben das doch wohl eindrucksvoll bewiesen.

Nicht unerwähnt bleiben soll allerdings die Beurteilung der PricewaterhouseCoopers AG - Gutachten der vergangenen Jahre durch Prof. Jürgen Weibler. Endlich zeigt mal jemand mutig auf, welchen Unsinn man unter dem Deckmantel von Wissenschaft verzapfen kann. Diese Gutachten hätte man sich nämlich SPAREN können.

Nun denn, jetzt ist Innenminister Ralf Jäger unter Einbeziehung der Verbände, Gewerkschaften und Personalvertretungen am Zug. Man darf gespannt sein...

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