Was nun, Frau Kraft?

Besoldungsanpassung 2013/2014 - weite Teile verfassungswidrig...

Foto: Copyright Wilfried Albishausen

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Besoldungsanpassung 2013/2014

Verfassungsgerichtshof NRW: Weite Teile verfassungswidrig

"Was nun, Frau Kraft?"

03.07.2014 - Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof hat es an Deutlichkeit nicht fehlen lassen, als die Präsidentin mit Urteil von gestern sehr deutlich machte, dass das Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung 2013/2014 in seinen wesentlichen Teilen gegen die Verfassung verstößt.

Dass ein Gesetz hin und wieder in Teilen nicht verfassungskonform sein kann, wissen wir aus zahlreichen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Vorratsdatenspeicherung oder die nachträgliche Sicherungsverwahrung sind Beispiele dafür, aber auch zugleich Bereiche, in denen handelnde Regierungen und Parlamente auf relativ unsicherem Gelände unterwegs sein können.

Anders sieht es beim Haushaltsrecht sowie im Beamtenrecht aus, sind es doch die klassischen Disziplinen eines Parlaments und einer Regierung, die man als Legislative und Exekutive beherrschen sollte. Die Notwendigkeit eines Eingreifens der Judikative, also der Rechtsprechung, in diese Aufgaben spricht für sich, nicht für eine regierungsfähige Koalition in Düsseldorf.

Niemand aus der rot-grünen Fraktion im Düsseldorfer Landtag, aus der Staatskanzlei oder gar dem Finanzministerium wird behaupten können, man habe es nicht gewusst, dass die Regelungen zur Abstufung bis hin zum Ausschluss einer Besoldungserhöhung für 2013/2014 verfassungswidrig sein dürfte.

Denn nach dem nachgewiesenen Wortbruch von Hannelore Kraft und Norbert Walter-Borjans, dem Kabinettsbeschluss, ohne auch nur ein Wort mit den Betroffenen und ihren Gewerkschaften gesprochen zu haben (und das in dem von Hannelore Kraft ausgerufenen "Mitbestimmungsland Nr. 1"), dem eiligst dazu zusammengeschusterten Gesetzentwurf folgte am 18.06.2013 eine imposante Anhörung von 21 Experten aus Gewerkschaften, namhaften Sachverständigen und Verfassungsrechtlern wie Prof. Battis und Prof. Schwarz im Unterausschuss Personal des Haushalts- und Finanzausschusses im Landtag NRW. Und wer an diesem Tag dabei war, wusste, dieses Gesetz kann nur verfassungswidrig sein. Wer die Fragen der Abgeordneten aus SPD und Grünen noch in Erinnerung hat, weiß, dass es dabei nicht mehr um das Interesse des Parlaments, sich beraten zu lassen, gegangen ist, sondern ausschließlich um die "Verteidigung" des Spardiktats ihrer Landesregierung - koste es, was es wolle.

Und das ist ein weiterer "Aufreger" in der parlamentarischen Arbeit, und zwar in mehreren Richtungen:

Die Abgeordneten von Rot-Grün müssen sich heute vorwerfen lassen, mit mindestens "bedingtem Vorsatz" nunmehr zum 4. Mal in Serie einen Verfassungsbruch in Kauf genommen zu haben. Und "Verfassungsbruch" ist hier deshalb schon der richtige Ausdruck, weil das Ergebnis der Anhörung an Eindeutigkeit nicht zu überbieten war. Und ein weiterer Aspekt zeigt, dass gerade die Regierungsfraktionen zunehmend dazu neigen, grundlegende Rechte und Pflichten bezüglich der Kontrolle der Regierung aufzugeben und damit Prinzipien unserer Demokratie sozusagen auf den Kopf zu stellen. Nicht einmal das "Struck'sche Gesetz", nachdem kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es eingebracht wurde, war für die Landtagsabgeordneten von SPD und Bündnis90/Die Grünen offensichtlich kein "Gebot", dass Gesetz verfassungskonform nachzubessern.

Um es nicht zu vergessen: Ja, auch die Abgeordneten der Grünen haben dem Gesetz damals zugestimmt. Und ja, auch die Stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann, Schulministerin, trägt Verantwortung für dieses verfassungswidrige Gesetz.

Wie nicht anders zu erwarten, beherrscht auch weiterhin mangelnde Einsichtsbereitschaft das politische Handeln von Kraft und Walter-Borjans. Es wird weiterhin die "Keule" des Personalabbaus geschwungen. Zudem wird über die Medien kolportiert, wegen der Besoldungserhöhung bei den Beamten könne man die Schuldenbremse nicht einhalten, Kürzungen anderer den Bürger betreffende Projekte seien die Folge.

Bereits einen Tag nach der Feststellung der Verfassungswidrigkeit in wesentlichen Teilen des Besoldungsanpassungsgesetzes greift der Finanzminister zu einem Mittel, das angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen einer haushalterischen Bankrotterklärung gleichkommt: "Haushaltssperre bis auf Weiteres"! Und damit - im Ursprungserlass kaum wahrnehmbar - eine sofortige Beförderungssperre! Die Folge: Kolleginnen und Kollegen in der Polizei, die vielfach schon lange mit ausgezeichneten Leistungen auf eine Beförderung warten, werden mindestens zeitlich verzögert um eine verdiente Beförderung gebracht. Und davon sind dann auch alle unter A13 besoldete Beamtinnen und Beamte betroffen. Und nicht nur bei der Polizei, sondern auch im Bildungsbereich, bei der Justiz, der Finanzverwaltung und in den Kommunen.

Erst war der Wortbruch, dann ein verfassungswidriges Gesetz und nun erneut ein Vertrauensbruch gegenüber denjenigen, von denen diese Landesregierung quantitative und qualitative Höchstleistungen erwartet. Von denjenigen, die Sicherheit, Bildung, Steuergerechtigkeit und Dienstleistungen in den Kommunen für die Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Welch ein politisches "Schmierentheater"!

In den letzten Tagen gab es unter den Betroffenen nur eine Frage. Bleibt so etwas eigentlich folgenlos? Wären nicht Rücktritte, wie sie der Vorsitzende des Bundes der Richter und Staatsanwälte in NRW, Reiner Lindemann, gefordert hatte, die logische Konsequenz aus 4 Verfassungsbrüchen und der nun oben drauf gesetzten Beförderungssperre? Ja, wenn es um "normale" Beamtinnen und Beamten auf allen Hierarchieebene ginge, stünde der Beamtenstatus bereits nach dem ersten Verfassungsbruch selbstverständlich vor dem Aus!

Bei Politikern sind ausschließlich der Wahltag oder persönliche Angelegenheiten und Verfehlungen ein Grund das Feld zu räumen. Verfassungsbrüche - auch mit Ansagen - scheinen nicht dazu zugehören...

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