Fall Sami A. - einfach mal den Ball flach halten

Nein, der Rechtsstaat ist nicht in Gefahr!

© Wilfried Albishausen

© Wilfried Albishausen

17.08.2018 – Die öffentliche Diskussion um die Abschiebung des von den Sicherheitsbehörden als Gefährder eingestuften Sami A. nimmt immer abstrusere Formen an. Tag für Tag entfernen sich Medien und Politik vom eigentlichen Thema, die Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag versucht, den Fall zu einer „Regierungskrise“ hochzuschaukeln und mit entsprechender Sorgenfalte Rücktrittsforderungen zu formulieren.

Medial gipfelt die Empörung in einem Kommentar des „Hohen Priesters“ der Meinungsbildung, Heribert Prantl – Süddeutsche Zeitung von gestern, in dem er über Gewaltenteilung/Gewaltenbalance philosophiert und dabei dermaßen abstrahiert, das ein Zusammenhang mit dem Fall Sami A. kaum noch realistisch erscheint.

Worum geht es denn letztlich? Eine Kammer des VG Gelsenkirchen hat die Abschiebung für rechtens erklärt, wenige Tage später befasst sich eine zweite Kammer mit dem Fall. Da weder von der Anwältin des Sami A. noch von anderer Stelle gegen den ersten und damit immer noch gültigen Beschluss ein Eilantrag auf Aufhebung gestellt wurde, hat die Ausländerbehörde Bochum die Abschiebung vorbereitet und durchgeführt. Mündliche Nachfragen, ob die Abschiebung erfolgt oder nicht, sind in der rechtlichen Bewertung stets problematisch. Auch die Justiz legt doch immer und zurecht großen Wert auf schriftlich dokumentierte Fakten.

Die Ausländerbehörde hat in Abstimmung mit dem BAMF nichts anderes getan, als dem Beschluss der ersten Kammer des VG Gelsenkirchen zu folgen. Die Entscheidung der zweiten Kammer kam ganz einfach zu spät. Bei der Brisanz des Falles hätte man durchaus erwarten dürfen, dass das VG den zweiten Beschluss „unverzüglich“ an das BAMF und die Ausländerbehörde Gelsenkirchen übermittelt. Überspitzt könnte man sagen, das Verwaltungsgericht hat die Bedeutung des Sachverhaltes nicht erkannt und die rechtzeitige Übermittlung „verschlafen“.

Dass Sami A. zum Zeitpunkt der Übermittlung bereits im Flugzeug saß, hat nicht die Ausländerbehörde zu vertreten, sondern das VG Gelsenkirchen. Und noch etwas würde mich interessieren. Was bedeutet „Rückholung“? Ich kenne „Auslieferung“, aber Rückholung? Mit welcher Rechtsgrundlage soll die Bundesrepublik die „Rückholung“ aus Tunesien beantragen?

In den sozialen Netzwerken ist in den letzten Tagen ziemlicher Unsinn, was die Einstufung als Gefährder und die gegen ihn in Deutschland eingestellten Ermittlungen „gepostet“ worden. Da ist stellen „FB-Freunde“ fest, dass man in Deutschland relativ schnell als Gefährder eingestuft werde und bisher keinerlei Beweise für Straftaten im Rahmen seiner mutmaßlichen Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung wie Al Kaida gefunden wurden. Im Gegenteil alle Verfahren gegen ihn eingestellt wurden. Warum ist das so?

Sami A. ist tunesischer Staatsangehöriger, der sich in der Bundesrepublik aufhält. Solange ihm kein aktives Handeln (Unterstützung, Mithilfe, Führung) in Deutschland bezüglich der Mitgliedschaft einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen und nachgewiesen werden kann, sind solche Verfahren gegen ihn einzustellen. So auch offensichtlich geschehen!

Der § 129b, Absatz 2 StGB lautet:

„Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet.“

Hier liegt meines Erachtens das Problem, warum wir uns mit Gefährdern, die sich im Ausland außerhalb der europäischen Union an Straftaten terroristischer Vereinigungen beteiligt haben, dann nach Deutschland flüchten und Asyl beantragen, so schwer tun.

Diese Einschränkung der Strafverfolgung im Absatz 2 des § 129b StGB schützt Terroristen vor Strafverfolgung ihrer Taten im Ausland.

Das muss dringend mit einer entsprechenden Änderung seitens der Politik korrigiert werden. Dabei dürfen die damit verbundenen Beweisschwierigkeiten oder gar der Aufwand solcher Ermittlungen kein Hindernis für eine solche Änderung darstellen.

Darüber sollte schleunigst diskutiert und entschieden, statt den Untergang des Rechtsstaates wegen der Konsequenz einer Ausländerbehörde und einer gewissen „Schlafmützigkeit“ eines Verwaltungsgerichtes zu beschwören…

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